Wer ist von MPS1 betroffen?
MPS1 ist erblich
Der Mensch erbt von jedem Gen zwei Kopien, jeweils eine von jedem Elternteil. Die Gene enthalten Informationen über unser Erbgut und bestimmen körperliche Merkmale wie Augenfarbe oder Grösse. Alle vererbten Gene liegen auf 23 Chromosomenpaaren. Jedes Chromosom enthält Tausende von Genen.
Alle Menschen haben schätzungsweise 8 bis 10 veränderte (mutierte) Gene. Manche dieser Genmutationen machen sich nicht weiter bemerkbar, andere können jedoch zur Entstehung von Krankheiten führen. Wie gesunde Gene können auch die mutierten Varianten von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Weitere Informationen zur Vererbung finden Sie im Abschnitt «Genetische Erkrankungen verstehen».
Auch die Gene, die für die Produktion des Enzyms α-L-Iduronidase zuständig sind, werden von den Eltern an ihre Kinder vererbt. Bei Patienten mit MPS1 weist der Bauplan für dieses Enzym einen Defekt auf, mit der Folge, dass das Enzym α-L-Iduronidase nicht richtig arbeitet.
Das Risiko von Männern und Frauen ist gleich hoch
Die Kopien des α-L-Iduronidase-Gens liegen auf einem Chromosom, das nicht über das Geschlecht entscheidet. Menschen haben normalerweise 46 Chromosomen. Zwei davon bestimmen das Geschlecht: Frauen haben zwei X-Chromosomen, Männer ein X- und ein Y-Chromosom. Die restlichen 22 Chromosomenpaare werden als «Autosomen» bezeichnet. Das Gen für das Enzym α-L-Iduronidase liegt auf einem der autosomalen Chromosomenpaare. MPS1 ist daher eine autosomal-rezessive Krankheit. «Rezessiv» bedeutet, dass ein Mensch zwei mutierte Kopien des Gens, d. h. eine von jedem Elternteil, geerbt haben muss, damit sich die Krankheit entwickeln kann.
Wer ist Träger von MPS1?
Menschen, die ein fehlerhaftes und ein normales Gen für die α-L-Iduronidase haben, sind Träger von MPS1. Träger erkranken selber nicht, da eines ihrer beiden α-L-Iduronidase-Gene normal ist und dadurch ausreichend Enzym gebildet werden kann, um eine Ansammlung von GAGs zu verhindern. MPS1-Träger haben keine Symptome der Krankheit; die Wahrscheinlichkeit, dass sie das MPS1-Gen an ihre Kinder weitergeben, liegt jedoch bei 50 %.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Nachkommen an MPS1 leiden oder als Träger von MPS1 geboren werden?
Wenn beide Elternteile ein normales α-L-Iduronidase-Gen haben, erben die Kinder beide gesunden Gene, jeweils eines von jedem Elternteil. Wenn beide Elternteile an MPS1 leiden, erben alle ihre Kinder beide MPS1-Gene und somit auch die Krankheit.
Kinder, bei denen ein Elternteil Träger der Krankheit ist, haben ein Risiko von 50 %, ebenfalls Träger zu sein. Wenn beide Elternteile Träger von MPS1 sind, erbt das Kind mit 50%iger Wahrscheinlichkeit ein MPS1-Gen von einem Träger-Elternteil und hat ein Risiko von 25 %, an MPS1 zu erkranken. Das bedeutet, dass wenn beide Elternteile Träger sind, die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind nicht an MPS1 erkrankt, bei jeder Schwangerschaft 75 % (3:4) beträgt.
Das Risiko der Vererbung ist bei jeder Schwangerschaft völlig unabhängig davon, ob ein früheres Kind mit MPS1 geboren wurde oder nicht. Wenn ein Kind an MPS1 leidet, bedeutet dies nicht, dass das nächste Kind vor einer Vererbung geschützt ist. Es bedeutet aber auch nicht, dass das nächste Kind definitiv ebenfalls die Krankheit haben wird.
Wenn nur ein Elternteil an MPS1 leidet und der andere weder erkrankt ist noch Träger ist, erben alle Kinder das MPS1-Gen von dem erkrankten Elternteil und werden somit zum Träger. Bei keinem dieser Kinder kommt die Krankheit jedoch zum Ausbruch.
Wenn ein Elternteil an MPS1 leidet und der andere MPS1-Träger ist, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind das MPS1-Gen beider Elternteile und damit die Krankheit erbt, bei 50 %. Das Risiko, dass ein Kind das MPS1-Gen von nur einem Elternteil erbt und somit Träger wird, beträgt ebenfalls 50 %.
Gibt es einen Test, mit dem sich feststellen lässt, ob die Gefahr der Vererbung von MPS1 besteht?
MPS1 ist eine erblich bedingte Krankheit. Alle Kinder von Menschen mit dieser Erkrankung haben das Risiko, entweder selbst zu erkranken oder Träger des MPS1-Gens zu sein. Familien, in denen MPS1 aufgetreten ist, können sich beim Arzt über die Möglichkeit eines Gentests informieren. Eine Blutuntersuchung kann zeigen, ob jemand von MPS1 betroffen oder Träger der Krankheit ist. Pränatale (vorgeburtliche) Tests auf MPS1 können auch in einem frühen Stadium der Schwangerschaft durchgeführt werden. Paare, die Träger sind oder in deren Familien MPS1 aufgetreten ist, können zudem eine genetische Beratung in Anspruch nehmen.
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MAT-CH-2101745-4.0 - 01/2024
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